Einrichtung des Faches Philosophie in Klasse 9

Das philosophische Denken ist nicht einfach. Werden in Ethik noch konkrete Handlungssituationen, Werte und Normen diskutiert, führt die Philosophie in das Abstrakte und Grundsätzliche. Da der Übergang in die Grund- und Leistungskurse Philosophie der Oberstufe für nicht wenige Schülerinnen und Schüler eine Barriere darstellt, sollen mit dem Fach Philosophie in der 9. Klasse schon die ersten Stufen auf diesem Weg erfolgen. So soll explizit gelernt werden, die eigenen Gedanken auf den Punkt zu bringen und dann auch zu verschriftlichen.

 Das Fach Philosophie steht aber nicht im luftleeren Raum. Durch das ebenfalls neue Fach „Politische Bildung“ wird eine wechselseitige Bestärkung ermöglicht, die sich exemplarisch an den ersten Themen des Lehrplans in der 9. Klasse zeigen lassen: In Philosophie fangen die 9. Klassen an über Staatsformen und Utopien nachzudenken. Warum gibt es überhaupt einen Staat? Welche Rolle spielt das Individuum in der Gemeinschaft? In Politische Bildung wird zur selben Zeit „Demokratie in Deutschland“ unterrichtet, wobei hier klar wird, dass besagte Fragen in unserem Grundgesetz und der repräsentativen Demokratie beantwortet wurden und werden. So lassen sich immer wieder Verknüpfungen zwischen beiden Fächern herstellen: Wie lässt sich philosophisch ein Widerstandsrecht gegen einen Herrscher herleiten, was hat das mit unserer ‚wehrhaften Demokratie‘ zu tun und wie würde Thomas Hobbes die ganze Sache sehen?

Aber auch das Fach Ethik, das weiterhin besteht und in dem das Thema Konflikte auf dem Lehrplan steht, steuert seinen Teil bei. Individuelle und gesellschaftliche Konflikte werden in einem rechtsstaatlichen Rahmen zumindest formell gelöst. Zu guter Letzt liefert auch das Fach Geschichte mit dem Thema Kaiserreich, Erster Weltkrieg und Weimarer Republik für dieses Schuljahr eine Perspektive, wie individuelle Rechte untergeordnet wurden, Konflikte im Krieg eskalierten und dass eine Verfassung nicht geschützt werden kann, wenn es an Rechtstaatlichkeit fehlt. So bieten die Fächer Philosophie und Politische Bildung ein hohes Maß an Interdisziplinarität, da verschiedene thematische Fäden miteinander verbunden werden. Die  Schülerinnen und Schülern erwerben dabei Kompetenzen in der Analysefähigkeit der Gegenwart, ihrer ideengeschichtlichen Verortung, in ihrer Urteilsfähigkeit sowie eine zunehmenden Autonomie. Die Fächer Philosophie und Politische Bildung sind deshalb ein wichtiger Bestandteil des humanistischen und internationalen Profil des Europäischen Gymnasiums Bertha-von-Suttner.

Gabriel Kurz und Benjamin Davis

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Philosophie

Hier ist eine alte chinesische Geschichte:

„Chuang Tzu und Hui Tsu wandelten zusammen auf einem Uferdamm am Hao-Fluss. Da sagte Chuang Tzu: ,Sieh doch die Fische herauskommen und sich tummeln. Das ist die Lust der Fische.’ Hui Tsu erwiderte: ,Du bist doch kein Fisch. Woher willst du die Lust der Fische kennen?’ Chuang Tzu sprach: ,Du bist nicht ich. Woher also weißt du, dass ich nicht von der Lust der Fische weiß?’ Hui Tsu entgegnete: ,Ich bin nicht du und weiß natürlich nicht, was du weißt. Aber da du jedenfalls kein Fisch bist, ist doch klar, dass du die Lust der Fische nicht kennst.“ Darauf entgegnete Chuang Tzu: ,Lass uns noch einmal auf den Ausgangspunkt zurückkommen. Du fragtest, woher ich die Lust der Fische kenne. Das zeigt, dass du schon wusstest, dass ich es weiß, als du mich fragtest. Ich weiß es von meinem Standpunkt auf dem Uferdamm hier oben über dem Hao-Fluss.’“

Diese und andere Fragen werden gestellt, wenn man sich bemüht, Antworten zu finden auf die Frage, was denn nun Philosophie sei oder welches Wissen wir überhaupt als gegeben voraussetzen können. Fragen und Reflektieren sind konstitutive Wesensmerkmale des Menschen.

So beschäftigt sich der Philosophieunterricht mit Anthropologie und Ethik, mit der Frage nach Staatsmodellen und Utopien, mit Ästhetik, Erkenntnistheorie und Metaphysik.

Methodisch lässt sich der Philosophieunterricht in besonderem Maße als Ort verstehen, in dem hochkomplexe Texte „aufgeschlossen“ sowie die freie Problemerörterung geschult werden.

Wir arbeiten neben Ganzschriften mit dem Lehrwerk „Zugänge zur Philosophie“ aus dem Cornelsen-Verlag.

Martina Denda