Seminarkurs: Gesellschaftswissenschaften (Philosophie, Literatur, Religion, Psychologie)

Der Seminarkurs Gesellschaftswissenschaften stellte in den letzten Jahren ganz unterschiedliche Themenangebote zur Auswahl. So beschäftigte sich das Thema „Raumzeiten – Zeiträume“ einerseits mit der Pluralität von Lebensrhythmen, der Linearität klassischer physikalischer Zeittheorien und der Multitemporalität gegenwärtiger Zeitvorstellungen. Andererseits standen mit der Aperspektivität, der Perspektivität und der Multiperspektivität der Raumwahrnehmung und Raumdarstellung verschiedene Modelle des Raumes im Vordergrund. Texte und Darstellungen von Raum und Zeit und deren Verschränkungen (u.a. Bild- und Textmaterial aus dem Alten Ägypten, jüdische Zeitvorstellungen, die Zeitauffassung Augustins, Raumvorstellungen der Renaissance, das Verhältnis von absolutem und relativem Raum (Zeit) bei Newton, die Relationalität des Raumes bei Leibniz, das transzendentale Raum- und Zeitkonzept Kants, Zeit- und Raumauffassungen in der Literatur – J.L. Borges, Raum- und Zeitverschränkungen in der modernen Physik) boten Einblicke in ein abstraktes, aber spannendes Thema.

Neben den vergangenen Themenangeboten „Krieg und Frieden“  und „Die Welt“ hat sich der Schwerpunkt „Der Mensch – essentielle und existentielle Strukturen des Menschseins“ als sehr vielgestaltig und interessant bewährt. Ausgehend von antiken Quellen wird das Thema bis zur Gegenwart in unterschiedliche Kontexte gestellt. Philosophische, religiöse, künstlerische, literarische, aber auch naturwissenschaftliche und gesellschaftspolitische Bezüge lassen den Facettenreichtum der Bestimmungsmöglichkeiten von Menschsein erkennen. Zur Auswahl stehen u.a. folgende Autoren bzw. Texte: Hesiod, Aristoteles, Seneca, Genesis des Altes Testaments, Suren des Koran, Pico della Mirandola, Fichte, Schelling, Nietzsche, Freud, Spengler, Heidegger, Singer. Eine endgültige Definition wird vermieden, vielmehr ein mosaikartiges Bild vom Menschen entwickelt, das je nach Standpunkt unterschiedliche Perspektiven ermöglicht.   

Der Charakter des Kurses ist wissenschaftspropädeutisch. Wissenschaftliche Grundtechniken der Zitation, der Quellenrecherche und der kritischen Verarbeitung der Literatur werden ebenso erlernt wie der Aufbau einer Gliederung und Entwicklung von Fragestellungen. Die aus dem Kurs entwickelten Abschlussarbeiten (BLL) decken dementsprechend eine große Bandbreite von Fragestellungen ab.

Die obligatorischen Klausuren können durch andere schriftliche Arbeiten ersetzt werden. Diese Besonderheit kommt dem Grundanliegen des Kurses sehr entgegen. Die Schülerinnen und Schüler erstellen selbstverfasste Essays, die im Seminarkurs zur Diskussion gestellt werden. Dabei ist nicht nur der Inhalt, sondern auch die kritische Auseinandersetzung mit dem formalen Aufbau von Bedeutung.

A. Buntrock

Beispiele für eine BLL

Aufgrund mehrfacher Nachfragen aus dem aktuellen Seminarkurses in Bezug auf den formalen Aufbau einer BLL sollen hier beispielhaft zwei überzeugende Arbeiten des Abiturjahrgangs 2012 und 2014 in ihrer unkorrigierten Form präsentiert werden. Den Schülern ist es u.a. gelungen, einen rein deskriptiven Charakter zu vermeiden und ihre philosophische bzw. religionsphilosophische Thematik in einer systematischen Perspektive „auf den Begriff“ zu bringen.

Schülerinnen und Schüler, die diese Arbeiten lesen, sollten bedenken, dass derartige Texte nicht den Anfang, sondern den Abschluss eines intensiven Prozesses der Auseinandersetzung mit der jeweils gewählten Problematik bilden. 

A. Buntrock; 15.01.2013

[Die Autoren der folgenden Besonderen Lernleistungen haben es genehmigt, dass ihre Arbeiten auf der Homepage veröffentlicht werden.]

BLL-Tim Gielsdorf (Abitur 2014)

BLL-Malte Baumann (Abitur 2012)