Exkursionsbericht des Grundkurses PW der Jg.St.11

Woher nehmen wir unser Wissen über politische und gesellschaftliche Ereignisse? Die Antwort liegt auf der Hand: die Medien. Was diese sind, wie genau sie funktionieren, welchen Eigenlogiken und Zwängen diese selbst wieder unterworfen sind und inwiefern wir Medienberichten trauen können - dies sind alles Fragen, die ein elementarer Bestandteil des Politikunterrichts sind. So waren wir als Grundkurs der Jahrgangsstufe 11 sehr glücklich über das Angebot einer Exkursion zu Deutschlands großer Medienmarke „WELT”. Hatten wir uns vorher nur theoretisch mit den Funktionen journalistischer Medien vertraut gemacht, konnten wir dort direkt in den „Maschinenraum“ schauen und die Medienmacher mit unseren eigenen kritischen Fragen löchern.

Die Exkursion begann mit einer gründlichen Eingangskontrolle, die leider zeigt, dass Redaktionen heute zunehmenden Bedrohungen ausgesetzt sind, die mutmaßlich von Gruppen ausgehen, die eine plurale Medienlandschaft in Deutschland nicht auszuhalten vermögen. Der 2020 eröffnete und von Rem Koolhaas designte Neubau ist für sich genommen schon den Besuch wert. Mit seinen fulminant großen und offenen Arbeits- und Diskussionsbereichen auf mehreren Stockwerken soll er die Arbeit der Zukunft und eine große Transparenz und Klarheit symbolisieren. Transparent und klar waren auch die Antworten auf unsere Fragen. Vor allem die Aussagen zu der klassischen Zielgruppe der WELT – ältere und an wirtschaftlichen Fragen interessierte Männer – sowie die Neuausrichtung hin zu rein digitalen Produkten – wenige Tage später wurde der Ausstieg aus dem Printbereich verkündet – sorgten für viele anregende Diskussionen im Grundkurs.

Im Newsroom konnten wir sehen, wie in Echtzeit Artikel geschrieben und dann im zentralen „Auge“ von den Chefredakteur:innen veröffentlicht werden. Bildschirme mit Zugriffszahlen geben sekundengenau Auskunft über die Reichweite von Berichten und Artikeln und machen die WELT damit zu einem umfassenden digitalen Medienkonzern. Daran schlossen sich weitere Fragen an: Zur Zukunft des Journalismus, der finanziellen Lage und dem Druck, Quoten zu erzielen. Eine gewisse Ambivalenz war spürbar: Betonte man den qualitativen und informierenden Aspekt der Berichterstattung, musste man zugleich zugeben, dass Zugriffszahlen direkte Auskunft über den Erfolg und somit eine wichtige Richtlinie des Journalismus sind. Dieses Spannungsverhältnis konnte nicht aufgelöst werden. Olaf Gersemann, der Chefredakteur des Wirtschaftsteils, war ebenfalls interessiert an dem Medienverhalten des Grundkurses und konnte hier wohl auch von den unmittelbaren und authentischen Aussagen unseren Schüler:innen profitieren.

Zum Abschluss konnten wir der kleinen Redaktionskonferenz am Mittag beiwohnen, auf der über die Printausgabe entschieden wird. Die Verständigung erfolgte unter rationalen Kriterien, also wechselseitigen Überzeugungen und doch in einer verblüffend effizienten Zeitnutzung. Ein Hinweis auf die Kurzatmigkeit moderner Informationsmedien?

Der intensive Einblick in dieses hochdynamische Arbeitsumfeld hallte noch im Grundkurs nach und in Zukunft werden die Nachrichtenmeldungen und Berichte, die im Politikkurs besprochen werden womöglich mit anderen Augen betrachtet werden, weiß man doch nun um deren Entstehungsbedingungen. Eine überaus lohnende Exkursion!

 

Hr. Kurz (Fachlehrer PW)