Griechischexkursion nach Ankershagen

 

                                        Ἄνδρα μοι ἔννεπε, Μοῦσα, πολύτροπον, ὃς μάλα πολλὰ

                                        πλάγχθη, ἐπεὶ Τροίης ἱερὸν πτολίεθρον ἔπερσε·

                                        πολλῶν δ’ ἀνθρώπων ἴδεν ἄστεα καὶ νόον ἔγνω,...

 

Am Freitag, den 21.6.2024 ging es für den Griechisch Grundkurs aufs Land:

Von Berlin Gesundbrunnen mit dem Regio bis Kratzeburg (nördlich von Berlin) und von dort aus 7 km mit dem Rad nach Ankershagen.

Natürlich nicht grundlos: denn in Ankershagen befindet sich das Schliemann-Museum. Ein Museum, gewidmet einer Person, welche maßgeblichen Einfluss auf unser modernes Verständnis von den Texten Homers nimmt. Passenderweise hatte der Grundkurs in den vorherigen Monaten die Odyssee übersetzt und sich intensiv mit diesem Werk, das vielleicht der Dichter Homer verfasst hat, beschäftigt.

Nach einer dreißigminütigen Radtour über die idyllische Mecklenburgische Seenplatte kamen wir am kleinen, aber ausgesprochen modernen Museum an.

In der Führung hörten wir von Schliemanns Kindheit, dem frühen Tod seiner Mutter, dem Alkoholismus seines Vaters und den generell widrigen Umständen, die ihn in seiner Jugend begleiteten. Dabei erfuhren wir auch, dass das Museum auch das Kindheitshaus Heinrich Schliemanns ist und trotz einer großflächigen Renovation zu dem heutigen Museum noch größtenteils originalgetreu ist.

Weiter hörten wir von Schliemanns ausgesprochen erfolgreichen Handelsgeschäften, welche ihn nach heutigen Maßstäben zu einem Multimilliardär machte, und von seinem extraordinären Sprachtalent. Er soll bereits mit 20 Jahren an die 6 Sprachen gesprochen haben, die er sich alle selbst beigebracht hatte, unter anderen Latein und Altgriechisch.

Seit seiner frühen Kindheit war Heinrich Schliemann von dem Wunsch besessen, das antike Troja und damit den Schauplatz des Trojanischen Krieges wiederzuentdecken. Im Museum ging es denn auch um Schliemanns kontroverse Archäologiekarriere. Denn er revolutionierte als einer der ersten des Fachs die Feldarchäologie, erhielt aber auch aufgrund seiner eher brachialen Umgehensweise mit dem antiken Fundmaterial den Beinamen „der Zerstörer“. So legte er in Mykene die “Maske des Agamemnon” frei, indem er illegalerweise innerhalb der Stadtmauer grub.

Schließlich “entdeckte” er Troja, indem er einen 20 Meter langen Grabungsschacht durch den Hügel von Hisarlik in der heutigen Türkei grub, wo er die antike Stadt vermutete, und somit fünf andere Siedlungsschichten zerstörte. „Das Lebenswerk Schliemanns lässt sich Zahlen ausdrücken: Über 15 Kilogramm Schatzgold, gut 10.000 Keramiken und Scherben aus der griechischen Frühzeit, 60.000 hinterlassene Briefe, 250.000 Kubikmeter abgeräumter antiker Schutt.“(S. Knauer in: Spiegel Spezial Geschichte 1/2008).

Das Museum würdigt gewissenhaft den Mann, der ein rasantes Leben zwischen Genie und Wahnsinn führte und dem die Nachwelt viel verdankt.

Ein bitterer Wermutstropfen bleibt: Das Original des von Schliemann entdeckten „Schatzes des Priamos“ gelangte 1945 als Beutekunst nach Moskau und wird dort seither im Puschkin-Museum versteckt gehalten. Alle derzeit zu besichtigenden Objekte des Schatzes sind leider nur Nachbildungen.

Caspar Fellinger